Stand der Dinge

Nach der Zeitumstellung letzte Woche stieg ich kurz nach acht aus der Ringbahn und machte mich auf die letzten paar Meter zu meiner Wohnung im Alt-Treptower Kiez. Es war bereits stockdunkel, die alten Gaslaternen liefen auf Hochleistung und erhellten die für die Gegend gepflegten Bürgersteige. Im Hochhaus Treptower schalteten die letzten Angestellten das Licht aus, während der Verkehr stadtauswärts Richtung Schnellerstraße und Adlergestell strömte. Im Parkcenter, nur einen Katzensprung entfernt, machten die letzten Bewohner noch ihren Einkauf.

Der kalte und trockene Kontinentalwind wirbelte durch die Haufen goldgelb gefärbter Blätter am Straßenrand. Ich mag diese Abendstimmung sehr. Wenn sich die Hektik des Tages langsam legt, eine gewisse Vorweihnachtsfreude in der Luft liegt und man am Ende eines langen Tages ins Warme kommt.

Ein Augenblick zum Abschalten. 20 Stunden die Woche arbeite ich in der ambulanten administrativen Verwaltung der Berliner Uniklinik, hinzu kommt seit einem Monat mein so heiß ersehntes Studium an einer der Berliner Universitäten. Vermengt mit meiner miserablen Freizeitplanung und einem mir immer noch in den Knochen steckenden psychischen Durchhänger ergibt das eine volle Woche.

Während sich also die schwarzen Ränder unter meinen Augen tiefer ins Fleisch graben, mein Kopf schmerzt und ich vor einigen Tagen völlig unerwartet einen Schwäche- inkl. Ohnmachtsanfall erlitt, frage ich mich, ob das die Zukunft sein soll, von der ich immer geträumt habe. Flugs gehen mir Miriam Meckels Worte durch den Kopf: Brief an mein Leben.

Soviel zum Stand der Dinge, liebe Leser. Wir lesen uns zur Adventszeit wieder.

No Need for a Relationship

Wehrte Leser, bitte gehen Sie in Deckung – meine gefürchteten Lebensweisheiten sind im Anmarsch: Wenn auch nur kurz angeschnitten, ging mein erstes Beziehungsjahr mit P einem schweren Ende entgegen. Mit einem ziemlich lauten Knall und unter massiver Belastung der involvierten Stimmbänder wurden dann alle Verbindungen gekappt und die Ruhe nach dem Sturm kehrte alsbald ein. Absolute Funkstille.

Die Situation dauerte keine vier Wochen. An einem verregneten Nachmittag erfolgte eine erste Annäherung, danach mehrere Abende, die redend auf meiner Couch verbracht wurden.

Die Erkenntnis der letzten Wochen hilft mir momentan allerdings noch nicht so recht weiter: Die gegenseitigen Gefühle, ja, die sind noch da – ebenso die Suche nach der Nähe des Anderen. Nur diesmal braucht es einen anderen Rahmen.

Oder besser gesagt: Gar keinen. Ich, als junger Erwachsener, gefangen in einer Umbruchsphase nach der anderen, möchte keinen starren Rahmen einer Beziehung. Am wenigstens allerdings braucht man mir mit Moral zu kommen. In dieser Hinsicht halte ich es ganz wie GB: What’s life without these little adventures? 

P’s engster Freundeskreis findet diese Vorstellung gerade obszön, da gelte ich vermutlich als ein ungehobelter Auswuchs der Spaßgesellschaft. Diese Sichtweise hat mich anfangs hart getroffen und die Beziehung mit P immer auf eine harte Probe gestellt.

Mittlerweile aber zeige ich dem ganzen die kalte Schulter. Hier geht es nicht um Moral und Pflichtbewusstsein, sondern um zwei Menschen, die trotz vieler Unterschiede möglicherweise doch zusammengehören. Lediglich im Hier und Jetzt. Alles weitere wird die Zukunft zeigen.

Direkt in die Mülltonne

Der Stern hat es gerade in seiner Online-Ausgabe gemeldet: Der Wirkstoff Isotretinoin steht im eindeutigen Verdacht, die Psyche des Patienten anzugreifen. Der Bericht erhascht meine Aufmerksamkeit, ist mir das Mittel doch ganz und gar nicht fremd: Isotretinoin bekämpft Akne und steht seit über drei Jahren in meinem Badezimmer, sogar in der gefährlichen Kapselform.

Ich erinnerte mich an die warnenden Worte meiner Mutter, als sie sich damals den Beipackzettel durchlas: Nimm‘ das Zeug nicht, Junge! Ich schüttelte den Kopf und zeigte mit meiner Hand auf die roten Pusteln, die meinen gesamten Oberkörper übersät hatten.

Geschenkt, dachte ich mir. Das Medikament schlug umgehend an, innerhalb weniger Wochen war meine Haut glatt und rein wie aus der Werbung. Nur absetzen konnte ich es bis heute nicht. Die kleinen gemeinen Pickel waren nach wenigen Tagen immer wieder da.

Heute allerdings hat es mir gereicht. Schuhe an, Tabletten in die Hand und im großen Bogen landeten Sie in der letzten Ecke der Mülltonne. Nach einem letzten verachtenden Blick war klar: Da gehören sie auch hin.

It’s all movin‘

It’s all movin‘ to the next level. Ahead, always searching for something new. Alone or together, it doesn’t matter because the experience makes me stronger.

Ein paar zusammenfassende Worte zu meinem derzeitigen Gefühlszustand.

It’s all about decisions

Manchmal kommt man an einen Punkt, wo man beim gemeinsamen Frühstück an einem strahlenden Frühlingstag im Friedrichshain merkt, dass aus Liebe Freundschaft geworden ist. Die ehemalige Flamme ist mehr ein guter Kumpel, der Drive ist raus.

Dann kann man einen Gang hochschalten, sich nochmal voll reinwerfen, sämtliche Energien mobilisieren, um die alten Gefühle noch einmal hervorzuholen.

Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, da bremst man ab. Nickt die Beziehung innerlich ab – und geht gestärkt aus fast elf wunderbaren Monaten heraus. Man muss sich lediglich entscheiden – auch, um das Beste für einen selbst zu tun.